| Soziales & Tarifpolitik

„Mitarbeiter einbeziehen“

Günter und Sabine Schnell haben gemeinsam den Plan entwickelt, den Freitag im Betrieb frei zu machen und sind bisher davon überzeugt.

Günter Schnell ist Inhaber der Schreinerei-Zimmerei Schnell in Nördlingen, die bereits 1781 erste Aufträge ausgeführt hat. Warum seine Mitarbeiter seit Jahresbeginn nur noch an vier Tagen in der Woche arbeiten und wie seine Erfahrungen damit sind, hat er uns berichtet.

In Ihrer Firma arbeiten die Mitarbeiter aktuell nur Montag bis Donnerstag – wie funktioniert das?

 Genau, früher hatten wir eine klassische 40-Stunden-Woche, seit Januar 2023 sind es nun „nur noch“ 38 Stunden, die unsere Mitarbeiter wöchentlich arbeiten. Und das bei vollem Lohnausgleich. Das heißt, der Stundenlohn wurde effektiv erhöht. Die 38 Arbeitsstunden verteilen wir auf vier Tage, jeder arbeitet also täglich neuneinhalb Stunden. Offiziell ist es weiterhin eine 5-Tage-Woche, nur dass wir den Freitag als Ausgleichstag nach dem Arbeitszeitgesetz gewähren. Wer am Freitag arbeiten möchte, kann das natürlich weiterhin tun. Dazu kommt eine gewisse Flexibilität: Die 45 Minuten Pause kann jedes Team täglich individuell einteilen – je nachdem, wie es in den Arbeitstag bzw. bei den anstehenden Aufgaben passt.

Wie kam es dazu?

 Zwei Mitarbeiter sind in die Industrie „übergelaufen“, weil dort besser gezahlt wird. Außerdem sind ein paar ältere Mitarbeiter mit der Bitte um Altersteilzeit auf uns zugekommen. Meine Frau und ich haben dann beratschlagt, wie wir das umsetzen und die Attraktivität der Beschäftigung bei uns steigern können. Meine Frau hatte die Idee, eine 4-Tage-Woche einzuführen. Wir haben uns informiert, verschiedene Modelle analysiert und dann vier verschiedene Varianten für uns auf dem Papier ausgearbeitet, die wir den Mitarbeitern vorgestellt haben. Alle konnten sich das am Wochenende in Ruhe anschauen und Zuhause besprechen. Anschließend haben sie untereinander diskutiert und sich einstimmig für diese Variante entschieden. Die Mitarbeiter miteinzubeziehen und die neue Variante zur Abstimmung zu stellen, war also ein zentrales Element der Umstellung.

Was hat sich seitdem geändert und wie ist die Rückmeldung der Mitarbeiter?

 Bisher funktioniert es hervorragend, die anstehende Arbeit an vier Tagen zu erledigen. Ich kann nur Positives berichten: Das neue Modell ist für uns bisher deutlich produktiver und effektiver, da der Freitag eh immer nur ein halber Arbeitstag war. Die Mitarbeiter erscheinen mir am Montag erholter als früher, da macht sich das lange Wochenende bemerkbar.Sie wirken insgesamt ausgeglichener und engagierter. Dazu trägt wahrscheinlich auch bei, dass sie mitentscheiden durften und wir nicht über ihren Kopf hinweg eine Änderung eingeführt haben.

Wie ist das Feedback der Kunden?

 Die Kunden reagieren entweder positiv oder akzeptieren das unkommentiert. Einige loben uns als Vorreiter im Baugewerbe und arbeiten selbst nur vier Tage. Natürlich gab es auch schon eine negative Reaktion: Ein Architekt war gar nicht begeistert, der hätte am liebsten, dass wir sogar am Samstag arbeiten.

Hat das Auswirkungen auf die Suche von neuen Mitarbeitern?

 Bei der Ausschreibung nach neuen Mitarbeitern haben wir natürlich erwähnt, dass der Freitag in der Regel frei ist. Wir haben dabei zwei neue Mitarbeiter gewonnen, die auf der Suche nach einer Stelle waren, bei der sie mehr Zeit für die Familie haben.

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