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Fünf Frauen im Zimmererhandwerk

Eines haben alle gemeinsam: Diese fünf Frauen sind im Zimmererhandwerk durchgestartet- und bereuen ihre Entscheidung nicht.

Zum Weltfrauentag am 8. März stellen wir fünf junge Frauen vor, die sich für eine Zimmerer-Lehre entschieden haben. In ihrem Beruf sind sie zum Großteil von männlichen Kollegen umgeben. Im Interview erzählen die Zimmerinnen unter anderem, wie es ihnen als Frau auf der Baustelle geht und, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben.

Christina Hartl macht aktuell ihr BGJ-Zimmerer. Wir begleiten sie in einer Artikel-Serie.

Christina Hartl (17) hat im vergangenen September eine Zimmerer-Ausbildung begonnen und absolviert aktuell ihr Berufsgrundschuljahr an der Berufsschule Traunstein.

Christina, seit wann weißt du, dass du Zimmerin werden möchtest?

Christina Hartl: „Ich war die letzten zwei Jahre immer in den Sommerferien im Betrieb meines Vaters und habe mitgeholfen. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit mit Holz richtig Spaß macht“

Was gefällt dir besonders an dem Beruf?

"Da gibt es viel: Als Zimmerin bin ich immer an der frischen Luft und in Bewegung, Kunden freuen sich über das gebaute Haus oder den Anbau und man kann sich später sein eigenes Haus bauen. Außerdem finde ich es schön, wenn man am Ende des Arbeitstages sieht, was man erreicht hat"

Hattest du Angst, als Frau auf der Baustelle nicht genügend Kraft zu haben?

"Nein, weil es Kran und Kranwagen gibt und Kollegen, die mir helfen können"

Charlotte Kleemann ist im 3. Lehrjahr der Zimmerer-Ausbildung.

Nach dem Abitur wollte Charlotte Kleemann (20) eigentlich Architektur studieren. Doch sie entschied sich für eine Zimmerer-Lehre im Innungsbetrieb Max Kiener Zimmerei GmbH in Emmering (Landkreis Fürstenfeldbruck).

Charlotte, du wolltest Architektur studieren. Warum hast du dich für eine Zimmerer-Lehre entschieden?

Charlotte Kleemann: Nach dem Abi wollte ich nicht länger in der Theorie bleiben. Damals hat mir eine Architektin empfohlen ein paar Wochen auf der Baustelle mitzuarbeiten. Dann habe ich ein Praktikum in meinem heutigen Ausbildungsbetrieb gemacht und gleich gemerkt, dass mir die Arbeit an der frischen Luft mit den Kollegen und die körperliche Arbeit richtig viel Spaß machen.

Was hast du in der Ausbildung gelernt, was dir im Studium helfen könnte?

In der Lehre bekommt man nicht nur Selbstbewusstsein, weil man selbstständig arbeitet, sondern auch praxisnahes Denken und einen Wissensschatz: In der Berufsschule lernen wir die Schichten einer Wand, den Dachaufbau und Holzkonstruktionen. Im Betrieb habe ich die Praxis dazu: Man kann vieles theoretisch planen, was in der Praxis nicht funktioniert - wer als Zimmerer gearbeitet hat, hat dafür einen besseren Blick!

Und wie geht es dir als Frau auf der Baustelle?

Eigentlich müsste es heißen 'Wie geht‘s dir als Lehrling auf der Baustelle?', da ich keine Sonderstellung habe. Wenn ich von Mitarbeitern anderer Gewerke komisch angeschaut werde, spreche ich sie einfach darauf an. Entscheidend ist: Wenn man auf der Baustelle nur rumsteht, wird man sicher komisch angeschaut. Aber wenn ich anpacke, gibt’s kein Problem und das trifft auf alle Lehrlinge zu.

Nicole Köppel hat Zimmerin gelernt und studiert aktuell Bauingenieurwesen.

Eine Frau auf der Baustelle – anfangs erntete Nicole Köppel erstaunte Blicke. Vor rund vier Jahren hat sie ihre Zimmerer-Ausbildung im elterlichen Betrieb in Döhlau (Landkreis Hof) begonnen, mittlerweile studiert sie Bauingenieurswesen an der Hochschule Coburg. Sie sagt: „Man muss nicht unbedingt ein Kerl sein, um im Zimmererhandwerk zu arbeiten – das können wir Frauen genauso!“

Also startete sie nach Realschule und Fachabitur mit der Lehre und sagt rückblickend: „Auf der Baustelle hat es immer Spaß gemacht. Wir hatten verschiedene Einsatzorte und dadurch viel Abwechslung, mal haben wir eine Halle, ein Haus, mal einen Zaun oder Dachstuhl gebaut“ – im Fokus stand immer der nachwachsende Baustoff Holz.

Auch die körperliche Arbeit auf der Baustelle ist heute keine Hürde mehr, sagt sie: „Es gibt LKWs mit Kran – die ich mittlerweile auch selbst fahren und bedienen darf - die dabei helfen schwere Bauteile zu heben“. Ihre Zimmerer-Lehre hilft ihr auch als angehende Bauingenieurin: „Ich kann mir die Baupläne räumlich viel besser vorstellen und weiß, wie das Gebäude in echt ausschauen würde.“

Franzi Kress ist Zimmerer-Gesellin aus Ansbach und auf Instagram sehr aktiv.

Franzi Kress (22) will junge Frauen fürs Handwerk begeistern. Deshalb erzählt sie auf Instagram über ihre Arbeit – dort hat die Influencerin franzi_kress über 2700 Fans.

Was haben deine Freundinnen dazu gesagt, dass du Zimmerin werden möchtest?

Franzi Kress: Erst fanden sie es eigenartig. Denn sie hatten noch das veraltete Bild des hartbuckelnden, männlichen Handwerkers im Kopf. Inzwischen wissen sie aber durch mich, dass sich das Handwerk verändert hat und, dass der Job sehr wohl für jeden geeignet ist!

Und wie geht’s dir als Frau auf der Baustelle?

Ich komme super mit meinen Jungs zurecht. Natürlich bekommt man mal einen Spruch reingedrückt, aber dann kommt eben einer zurück. Mit Kollegen aus fremden Gewerken komm ich auch gut klar. Manche schauen ab und an skeptisch, aber da muss man dann drüberstehen oder schlagfertig sein. Das bin ich beides.

Was kannst du als Zimmerin besser als deine männlichen Kollegen?

Größentechnisch tu ich mich bei manchen Aufgaben leichter, zum Beispiel wenn man in Kamine oder kleine Ecken reinkriechen muss. Aber der eine kann das besser, der andere das – das ist nicht geschlechterspezifisch. Da sind wir alle gleich und auf einer Höhe!

Katja M. Wiesenmüller ist die erste Frau in der Zimmerer-Nationalmannschaft.

Katja M. Wiesenmüller ist Zimmerer-Gesellin aus Oyten nahe Bremen und die erste Frau in der Zimmerer-Nationalmannschaft.

Du bist die erste Frau in der Zimmerer-Nationalmannschaft. Was bedeutet’s dir?

Katja M. Wiesenmüller: Es ist eine besondere Ehre. Als Teammitglied möchte ich zeigen, dass es ganz normal ist als Frau im Zimmererhandwerk zu arbeiten – da kommt es nicht aufs Geschlecht an. Wir können die gleiche Leistung bringen wie Männer! Um in die Nationalmannschaft zu kommen, musste ich mich genauso bei Wettbewerben durchsetzen wie meine fünf Teamkollegen.

Wie schwer war es, ins Team zu kommen?

Mit meiner Gesellenprüfung war ich die Beste in der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade und habe auch den Landesentscheid Niedersachsen gewonnen. Dann ging es zur Deutschen Meisterschaft 2019 in Rostrup/Bad Zwischenahn, dort habe ich den 3. Platz belegt.

Zu dem Wettbewerb kam der stellvertretende Leiter der Zimmerer-Nationalmannschaft Andreas Großhardt. Am Abend der Siegerehrung hat er mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte Teammitglied zu werden. Eigentlich hatte ich mich schon für die Meisterschule angemeldet, aber diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen!

Warum bist du Zimmerin geworden?

Bei einem Test vor meinem Abitur stellte sich heraus, dass der Beruf Bootsbauerin zu mir passen würde. Aber auf diesem Gebiet habe ich keinen Ausbildungsplatz bekommen. Ich habe dann zwischen Zimmerin und Tischlerin geschwankt - das Handwerk liegt bei mir in der Familie, schon mein Opa war Tischler und mein Vater ist selbstständiger Elektriker. Meine Entscheidung ist gefallen, als ich beim Hausbau meiner Eltern mitgeholfen habe.

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